PROJEKTWETTBEWERB

LIECHTENSTEINISCHE

LANDESBIBLIOTHEK

PROJEKT-NR. 13

Spider-Man

Architektur:
Erhart + Partner AG
Fürst-Franz-Josef-Strasse 5
FL-9490 Vaduz

Tragwerksplanung:
Silvio Wille Anstalt
Zweistäpfle 26B
FL-9496 Balzers

Städtebau und Architektur

Das bestehende Post- und Verwaltungsgebäude, in den Jahren 1973 bis 1976 errichtet, befindet sich in zentraler Lage in Vaduz und ist sehr gut mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen. Durch die Integration der neuen Landesbibliothek in das Post- und Verwaltungsgebäude wird der Standort zentraler, die räumliche Situation verbessert und die Bibliothek als Treffpunkt für die gesamte Bevölkerung attraktiver. Der hohe Baukörper ist im Zentrum von Vaduz sehr präsent und gut sichtbar. Das sind ideale Voraussetzungen für eine öffentliche Landesbibliothek.

Die Umbau- und Ergänzungsmassnahmen vereinfachen den bestehenden, plastischen Baukörper. Das allseitig zurückgesetzte Attikageschoss wird mit der neuen Fassaden- und Dachgestaltung optisch eliminiert. Das Erdgeschoss, bestehend aus zwei versetzen Baukörpern mit unterschiedlichen Boden- und Deckenhöhen, wird zu einem L-förmigen Baukörper mit einheitlichem Niveau zusammengefasst, und die gedeckte Anlieferung im Untergeschoss als Baukörper geschlossen. Der Abbruch des bestehenden, eingeschossigen Glasbaus im Erdgeschoss, als vertikale Erschliessung in die Tiefgarage, bereinigt die Zugangssituation zum Haupteingang und ermöglicht eine neue Gestaltung der Platzsituation.

Neue Erschliessung in die Tiefgarage

Die neue Erschliessung in die Tiefgaragengeschosse erfolgt im Gebäude. Der bestehende Liftschacht wird ausgeräumt und eine neue Treppenanlage integriert. Für den notwendigen Lift neben dem Treppenhaus müssen Deckendurchbrüche in den unteren Geschossen erstellt werden.

Zentrale Halle mit Arena

Die bestehende Raumhöhe der einzelnen Geschosse von ca. 2.80 m ist für eine Bibliothek eher niedrig. Auch räumliche Verknüpfungen, z.B. durch eine Galerie oder einen Lichthof, die Blickbezüge in andere Geschosse ermöglichen, fehlen. Der Bestand bietet im Innenraum keine Grosszügigkeit oder spannende Raumerlebnisse. Aus diesem Grund wurde eine zentrale, zweigeschossige Halle, als seitlichen Anbau zum Hauptbaukörper geschaffen. Dieser Raum, als Herzstück und Zentrum der Bibliothek, verknüpft das Erdgeschoss mit dem 1. Obergeschoss und ermöglicht spannende Blickbezüge. Eine Arena mit Sitzstufen bietet unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten und lädt zum Spielen, Lesen und Verweilen ein. Die Bücherregale und Tröge der Mittelstufe sind auf Rollen und können verschoben werden. Durch das Ausräumen der Möbel, Bücherregale und Tröge erhält man einen grosszügigen Raum für Veranstaltungen im Erdgeschoss. Das Erdgeschossdach, als Spielterrasse für den Kinderbereich, wird über die Arena erschlossen und das Dach der Halle ist auch Leseterrasse für das 2. Obergeschoss. Der notwendige Eingriff in die Erdgeschossdecke ist betreffend Statik und Kosten vertretbar.

Umgang mit dem Bestand / Kompaktusanlagen

Der Bestand wird bis auf den Rohbau zurückgebaut und bleibt erhalten. Die Eingriffe, die vor allem die Statik betreffen, werden möglichst reduziert. Ein wichtiger Punkt ist die Anordnung der Räume mit den Kompaktusanlagen.

Aufgrund der sehr hohen Lasten von ca. 800-1000 kg/m2 und der Nutzlast der bestehenden Decken in den Obergeschossen von 400 kg/m2, werden sämtliche Kompaktusanlagen in den Untergeschossen angeordnet. Die Erstellung einer Kompaktusanlage z.B im 3. OG, wie im Raumprogramm gewünscht, hätte zur Folge, dass das Dachgeschoss und das 3. Obergeschoss inklusive Decke des 2. Obergeschosses vollständig abgebrochen und neu erstellt werden müssten. Ein dermassen massiver Eingriff stellt den Erhalt des Bestandes grundsätzlich in Frage.

Fassade, Sonnenschutz

Die bestehenden Brüstungen in den Obergeschossen werden abgebrochen um raumhohe Fenster einbauen zu können. Ein vorgehängter Metallraster aus eloxiertem Aluminium, mit begehbarem Zwischenraum, bildet das Tragsystem für die Fassadengestaltung. Gerundete Lochblechpaneele aus eloxiertem Aluminium werden als Füllelemente in den Metallraster eingesetzt und formulieren eine äussere Haut, wie ein transparenter Vorhang, der auch als Sonnenschutz funktioniert. Als Farbton für die Aluminiumfassade wird Mittelbronze verwendet. In den Bereichen der Büros und der Aufenthalts- und Lesezonen gibt es keine Lochblechpaneele, um direkte Ausblicke zu gewährleisten. Als Sonnenschutz dienen in diesen Bereichen elektrische Vertikalstoren aus Stoff. Partielle Fassadenbegrünungen mit Kletterpflanzen helfen im Sommer die Aufheizung des Aussen- und Innenraums zu reduzieren und bereichern die Gestaltung der Fassade. Der umlaufende begehbare Zwischenraum der Fassade in den Obergeschossen dient als konstruktiver Witterungsschutz, Beschattung und Gang für Reinigungs- und Unterhaltsarbeiten. In der Nacht können die Kippflügel für die Nachtauskühlung problemlos geöffnet bleiben ohne Gefahr von Wassereintritt durch Regen.

Nachhaltigkeit der Fassade

Die ursprüngliche Metallfassade des Postgebäudes besteht aus eloxiertem Aluminium und wird abgebrochen. Einer der Vorteile von Aluminium liegt darin, dass dieses Metall nach Gebrauch ohne jegliche Qualitätseinbusse rezykliert- und bis zu 95% der Energie eingespart werden kann, die für die Gewinnung von Primäraluminium erforderlich ist. Der Grundgedanke der Nachhaltigkeit besteht darin, dass das Material für die neue Fassade praktisch im Bestand vorhanden ist und durch Recycling wiederverwendet werden kann. Eine Fassade aus eloxiertem Aluminium ist sehr robust und langlebig und benötigt keinen Unterhalt.

Materialisierung Innenraum

Die Innenräume der Bibliothek sind zurückhaltend und zeitlos gestaltet. Die Grundmaterialien bestehen aus Eichenparket als Bodenbelag, Sichtbetonwände im Kern und Treppenbereich, Bürotrennwände in Glas, Akustikdecken in grauen Holzfaserplatten und Bibliothekseinrichtungen in Eichenholz. Das sind natürliche und nachhaltige Materialien. Das Café, die Lounge, der Kinderbereich, die verschiedenen Leseplätze und der Pausenraum im Dachgeschoss werden mit unterschiedlichen Möbeln ausgestattet, die auch farbige Akzente setzen können.

Lüftungskonzept, Gebäudetechnik

Für den erforderlichen Luftwechsel und die sommerliche Nachtauskühlung sorgt eine natürliche Fensterlüftung mit CO2 Meldern in den Räumen. In der äusseren Verglasung und den verglasten Zwischenwänden werden automatisierte Lüftungsflügel im oberen Bereich der Verglasungen konzipiert, die eine gesteuerte natürliche Durchlüftung der Bibliothek ermöglichen. Für die temporäre Nachtauskühlung im Sommer werden die Lüftungsflügel in der Nacht automatisch geöffnet. Der Durchzug sorgt für das Durchfliessen mit kühler Nachtluft. Eine mechanische Lüftung ist mit diesem Konzept nur in den Nasszellen und den gefangenen Räumen notwendig.

Die Wärmeerzeugung erfolgt durch Fernwärme, die Verteilung über eine Bodenheizung. Im Dachgeschoss, über dem Flachdach des Attikageschosses, wird ein Rost aus Metallprofilen erstellt, der die oberste Ebene des Daches bildet und eine grössere Fläche für die Montage von Photovoltaikelementen zur Verfügung stellt.