Offen und einladend, ruht die neue Landesbibliohtek direkt an der Schwelle zum Städtle – eine Symbiose aus Alt und Neu.
- Eine veränderte städtebauliche Haltung für eine völlig neue Bauaufgabe.
- Die Landesbibliothek als Stadtbaustein – integrativ, präsent und einladend.
- Der Entwurf stärkt die Verbindung zum Städtle und rückt unmittelbar an die Fussgängerzone.
- Die erhabene Vorzone wird stark verkleinert und vereint die Zugänge zu Bibliothek, Café und Garage.
- Ein zentraler Zugang von der Äuelestrasse führt über ein Atrium direkt zum Empfang.
- Eine grosszügige «Open Library» ist um den zentralen Innenhof auf zwei Ebenen organisiert.
- Der ruhige Hof mit Ginkobaum, schafft Atmosphäre, belichtet und belüftet natürlich.
- Grosszügige Erdgeschosszone mit Empfang, Lounge, Saal, Café, Kinder- und Jugendbereich.
- Nach oben hin wird es immer ruhiger, ganz oben die Liechtensteinpublikationen mit Blick zum Schloss.
- Zentraler und flexibel nutzbarer Ausstellungsbereich mit Stadtbalkon.
- Bibliotheksinterne Bereiche geschossweise zusammengefasst in Nähe der Infodesks.
- Umbaukonzept statisch konsequent, energetisch effizient und kostengünstig im Betrieb.
- Einfache, nachhaltige und wertige Materialen für Innenraum, Konstruktion und Fassadengestaltung.
STÄDTEBAU UND ARCHITEKTUR
Auf die neue Bauaufgabe wird mit einer gänzlich veränderten städtebaulichen Haltung reagiert. Die Architektur und Aussenraumgestaltung der 1970er Jahre mit hoher Büroscheibe und ausufernden Vorplätzen werden dem Ort und der öffentlichen Bauaufgabe nicht gerecht. Der Entwurf für die neue Landesbibliothek soll sich als Stadtbaustein in die Innenstadt einfügen. Durch die reduzierte Gebäudehöhe und die grossflächigere Besetzung der Erdgeschosszone passt sich das Bauvolumen dem stadträumlichen Gefüge an. Auf Grund der Sonderstellung als «öffentliches Wohnzimmer» kommt dem Auftritt der Bibliothek eine noch stärkere Bedeutung zu als bei anderen öffentlichen Bauten im Städtle.
Der durch die bestehende Unterbauung erhabene Vorplatz wird flächenmässig stark verkleinert, und die bestehende Mauer und Rampenanlage wird mit einer einladenden Freitreppe einfach überwunden. Durch den Entwurf präsentiert sich die Landesbibliothek direkt an der Fussgängerzone, auf einer einladenden Terrasse, welche alle Gebäudezugänge miteinander vereint. Das Städtle selbst wird so zum neuen Bibliotheksvorplatz. Zwischen Bibliothek und Landesbank entsteht eine für die Innenstadt typische Passage mit Verweilmöglichkeiten und dem barrierefreien Zugang direkt beim Haupteingang. Richtung Norden bereichert ein grosszügiger Grünkorridor den weitläufigen Strassenraum. Richtung Westen zur Äuelestrasse, wird das Erd- und Obergeschoss auf die Flucht der bestehenden Obergeschosse baulich erweitert. Durch die neue Fassadenfront wird der Strassenraum gefasst und es entsteht eine angemessene Vorzone im Bereich der Bushaltestellen und des Bibliothekszugangs Äuelestrasse.
INNERE ORGANISATION UND FUNKTIONALITÄT
Die Landesbibliothek wird um den zentralen Hof organisiert. In Kombination mit einem innenliegenden Atrium, entsteht ein offener Raumeindruck, der gleichzeitig eine gute akustische Gliederung zwischen Erd- und Obergeschoss ermöglicht. Der Ginkobaum schafft im Wechsel der Jahreszeiten Atmosphäre und Orientierung. Der ruhige Hof ermöglicht zudem eine gute Belichtung und eine natürliche Belüftung der Bibliothek abseits des Strassenlärms. Durch den zweigeschossigen Anbau, kann ein Grossteil der Bibliothek als «Open Library» auf lediglich zwei Ebenen organisiert werden. Eine Publikumstreppe mit Aufzug verbindet die beiden Ebenen direkt mit dem Zugang Äuelestrasse. Die grosszügige Erdgeschosszone ist übersichtlich organisiert und bietet auch Platz für den gesamten Kinder- und Jugendbereich. Der zentrale Empfangstresen setzt sich bis ins Café fort, und eröffnet so zusätzliche Nutzungsszenarien im zukünftigen Betrieb.
In den darüberliegenden Geschossen, die über das bestehende Haupttreppenhaus erschlossen werden, nimmt die Besucherfrequenz und Lautstärke immer weiter ab. Ganz oben befinden sich die Liechtenstein Publikationen mit Leseplätzen und Panoramafenster zum Schloss. Die bibliotheksinternen Bereiche sind geschossweise zusammengefasst, jeweils in direkter Nähe der Infodesks. Dieser «funktionale Rücken» im Norden wird ergänzt mit den Sanitäranlagen, dem Bücher- und Warenlift, dem Magazin, sowie dem neuen Fluchttreppenhaus. Die interne Organisation des Untergeschosses ist funktional, mit der Anlieferung im Norden und der Besonderheit eines zusätzlichen Fahrradraums für das Personal in Eingangsnähe.
KONZEPT BIBLIOTHEKSMÖBLIERUNG
Die Bücherregale fügen sich in ihrer hölzernen und schlichten Materialität in den wohnlichen Innenraum ein. Die geforderten Laufmeter der Regalflächen werden eingehalten. Auf Grund der Rücksichtnahme auf das bestehende Achsraster entstehen teilweise etwas breitere Gänge zwischen den Regalreihen und somit ein geringfügig höherer Flächenbedarf. Die Fensteröffnungen im Erd- und Obergeschoss sind im Innenraum von Bücherregalen umgeben. So werden die Blicke nach aussen, wie im Landesarchiv, von Büchern gesäumt.
UMGANG MIT DEM BESTANDBAU UND NEUBAU
Dem städtebaulichen und energetischen Konzept folgend werden der Dachaufbau in Leichtbauweise, sowie alle Aussenwände und Zwischendecken im Erdgeschoss, abgebrochen. Die robuste Struktur der ehemaligen
«Büroscheibe» bleibt erhalten. Auch die bestehende Tragstruktur in den überbauten Aussenbereichen bleibt erhalten. Um den Bestand stadträumlich besser in das Städtle zu integrieren, werden die oberen zwei Betondecken nach Osten hin schräg abgeschnitten. Ein zusätzliches Fluchttreppenhaus vom UG1 bis ins OG1 ertüchtigt die Erdbebensicherheit und ermöglicht einen zweiten Fluchtweg.
Alle erforderlichen Neubauflächen finden in einem zweigeschossigen Leichtbau Platz, welcher den Tragraster der bestehenden Untergeschosse konsequent aufnimmt. Die Holz-Beton-Verbunddecke im Erdgeschoss des Neubaus bietet zusammen mit der südlichen Aussenwand einen langen «Hebelsarm» der den Bestand zusätzlich aussteift.
WIRTSCHAFTLICHKEIT IN ERSTELLUNG UND BETRIEB
Der Neubau hat eine deutlich reduzierte, hochgedämmte Gebäudehülle und einen angemessenen Fensterflächenanteil. Gleichzeitig kann die «Open Library» ohne Lüftungsanlage betrieben werden, wodurch generell niedrige Betriebskosten zu erwarten sind. Dazu trägt auch das PV-Dach über dem 3.OG bei. Der Neubau übernimmt mit Ausnahme des Stadtbalkons und der zusätzlichen Auskragung im Westen konsequent die bestehenden Achsen der Untergeschosse wodurch keine aufwendigen Abfangmassnahmen erforderlich sind. Die Eingriffe in den Bestand beschränken sich auch hauptsächlich auf die abzubrechenden Bauteile und die Ertüchtigung der Erdbebensicherheit, vor allem durch das neue Fluchttreppenhaus. Die konventionelle und leichte Schindelfassade ist überwiegend ohne aufwendige Unterkonstruktion realisierbar.
UMGEBUNG
Die städtebauliche Zeilenformation des Städtles vermittelt zwischen höhergelegenem Hangfuss des Schlossberges und der tiefergelegenen Äulestrasse. Die Gegebenheiten des Bauplatzes bringt es mit sich, dass allen vier Gebäudeseiten unterschiedliche Aufgaben zukommen.
Die Städtleseite präsentiert sich dabei als offene und einladenden Eingangssituation, die mit einer grosszügig dimensionierten Freirtreppe zum Niveau der Fussgängerzone vermittelt. Der Cafébereich setzt sich terrassenförmig etwas ab und schafft im Spiel mit der natürlichen Topographie eine ruhige und übersichtliche Ruhezone. Filigrane Veloständer und Flaggenmasten bespielen den zwischen Treppenfuss und bestehender Rinne entstehenden Raum. Der Vorbereich bleibt vegetationsfrei und profitiert damit vom direkten Anschluss an die stark frequentierte Fussgängerzone. Die gegenüberliegenden Platanen – derzeit stark zurückgeschnitten – können den Strassenraum mit ihrer markanten Krone stark bereichern, wenn sie gemäss ihrem Naturell etwas grösser wachsen dürfen. Ein kräftiges Stadtmöbel unter den Bäumen platziert vervollständigt die Situation zwischen Pavillion, Bibliothek und Nachbargebäude.
Die Südseite profitiert vom nunmehr eliminierten Brutalismus der bestehenden Fussgängerbrücke. Ein Ersatz des Betonkolosses mit einer leichten Stegkonstruktion nimmt dem Ort das Beengende und schafft die Möglichkeit, einen kleinen Lesegarten von lauschiger Qualität zu etablieren. Dessen üppig-bodennahes Grün erzeugt einen Puffer zur Brüstungsmauer und lässt mit Sitzbank, Büchertauschregal und Kleinbaumreihe einen grünbetonten Aussenbereich mit Aufenthaltsqualität in der ansonsten stark steinbetonten Umgebung entstehen.
Wir schlagen vor, die etwas befremdliche Leere der Nordseite in einen raumhaltigen, grünen Korridor zu verwandeln. Für den Fussgängerverkehr durchlässige Grüninseln beziehen sich in ihrer Ausdehnung auf die Gebäudefassade, locker gesetzte, mehrstämmige Gehölze formen einen dreidimensionalen Gehölzkörper, dessen filigrane Raumwirkung und willkommener Schattenwurf die vorherrschende mineralische Komponente mit der nötigen Lebendigkeit versieht. An den Stirnseiten platzierte Sitzelemente fassen die Grünkissen ein und laden zum kurzen Verweilen ein, der Kreuzungsbereich zur Fussgängerzone bleibt frei. Die Breite der Feuerwehrzufahrt ist ebenso wie die Anlieferung voll gewähreistet.
Die tieferliegende Seite der Äulestrasse ist als Ortbetonschelf ausgebildet, dessen heller Belag von der Gebäudekante bis zur Fahrbahn reicht und damit die Gebäudeparzelle deutlicher und ruhiger zeichnet als der bestehende Materialmix. Die Bushaltestellen sind samt Buskanten im Belag integriert. Ein vorgeschobener Fussgängerübergang schafft mit der verbesserten Übersicht eine sicherere Querungssituation.
Der Innenhof präsentiert sich als grüne Oase, deren Bodenbelag die angrenzenden Innenräume fortsetzt. Eine üppige und atmosphärisch reizvolle Bepflanzung etabliert sich zur Rückwand hin und schafft mit einer leichten Anhebung des Terrainverlaufes die Voraussetzung für das Pflanzen von ein oder zwei mehrstämmigen Gingkobäumen.
Die Dachterrasse will grün sein – eine flächige Bepflanzung erzeugt in loser Analogie zu den benachbarten Bergwiesen eine hochgelegene Grünenklave. Eine mittige Substratanhäufung ermöglicht das Pflanzen von etwa mannshohen Sträuchern, die in einer U-förmigen Umarmung einen raumwirksamen und blühenden Schleierrahmen um die offene Dachterrasse etablieren.
FASSADE
Sowohl für die Fassadensanierung und für den Neubau wurde ein Material gesucht, welches der besonderen Aufgabe und dem Ort gerecht wird, aber gleichzeitig handwerklich einfach herstellbar und nachhaltig ist. Die Tonschindel ist dünn, leicht, ökologisch und ein bewährtes Produkt. Durch verschiedene Oberflächen und Verlegetechniken kann die Schindelfassade sowohl ruhig, verspielt, geschlossen als auch transparent sein. Die erforderlichen Fassadenöffnungen und Ausblicke zur Stadt sind reduziert und gezielt gesetzt. Durch das teilweise offene Verlegeraster der Schindeln im Bereich der Regalflächen ist eine gute natürliche Belichtung ohne zusätzlichen Sonnenschutz gegeben. Gleichzeitig bietet sich dem Besucher bei Tageslicht überall ein guter Durchblick von innen nach aussen. Dieser Effekt kehrt sich in der Nacht um, wenn die «Open Library» geöffnet und von innen beleuchtet ist. Da die Fenster raumseitig in einer Ebene mit der Bücherwand liegen, ergibt sich zwischen Schindelkleid und Fenster ein Wartungsgang für die Fensterreinigung. Der verglaste Innenhof mit Sonnenschutzverglasung ermöglicht gleichzeitig den Innenraum optimal zu belichten und zu belüften.
ENERGETISCHE NACHHALTIGKEIT
Passiv
- Kompaktes Volumen Bestand und Anbau-Neubau.
- Als Wärmedämmstoffe werden Holzwerkstoffe und Rezyklate verwendet.
- Raumakustik über Abhangdecke aus offenen Filzschindeln. Hohe Speichermasse im thermisch konditionierten Volumen über bestehende massive Stahlbetondecke in allen Geschossen und mittlere Bauweise im Neubauteil.
- Natürliche Lüftung zur Nachtauskühlung der Raumspeichermassen und Tags CO2-Regelung der Raumluftqualität über gesteuerte Lüftungselemente in der Fassade. Frischluft über den ruhig gelegenen Innenhof.
- Tageslichtführung über den Innenhof für die „open library“. Starre Verschattung an der Hauptfassade durch offene Schindelfassade mit optimiertem Öffnungsanteil.
Aktiv
- PV Anlage am obersten Dach zur Eigenstromproduktion.
- Nutzung des geplanten Fernwärmenetzes zum Heizen über Fussbodenheizung im Trockenverlegesystem.
- Dezentrale mechanische Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und CO2-Regelung für die Bürobereiche und Besprechungsräume. Die Luftmengendimensionierung erfolgt rein hygienisch über die Personenbelegung im jeweiligen Raum
GEBÄUDETECHNIK
- Einfacher Technisierungsgrad mit Fussbodenheizung und mechanische Lüftung nur im Bürobereich.
- Technikraum im Untergeschoss mit Nutzung der bestehenden Steigzone beim Haupttreppenhaus.
- Heizung Wärmeverteilung mittels Fussbodenheizung.
- Natürliche Lüftung im Erdgeschoss und dem 1. Obergeschoss über motorische Lüftungsklappen.
- Mechanische Lüftung – im Bereich Büro- und Besprechungsräume Mitarbeiter.
- Keine Kühlungsanlage.
BRANDSCHUTZ
Aufgrund der Gebäudegeometrie handelt es sich um ein «Gebäude mittlerer Höhe» (Höhe < 30 m), welches der Nutzung «Gewerbe q bis 1’000 MJ/m » und «Büro» zuzuordnen ist. Das Gebäude ist im baulichen Konzept angedacht (ohne Löschanlage).
Die Brandabschnittsbildung erfolgt im Grundsatz geschossweise und bezogen auf die Nutzungen innerhalb des Geschosses. Die zusammenhängenden Brandabschnittsflächen liegen unter 3’600 m2.
Die Geschosse werden im Bereich der internen Treppe über drei Ebenen (1.UG bis 1.OG) offen miteinander verbunden. Es handelt sich jedoch aufgrund der verbundenen Flächen nicht um eine Atriumbaute. Die gemessene Höhe von ca. 12.3 m im Bereich der Treppe bis ins Untergeschoss hätte zur Folge die Baute dennoch als Atrium einzustufen. Es wird angestrebt in der weiteren Projektbearbeitung in Zusammenarbeit mit der Brandschutzbehörde eine objektbezogene Lösung zu erarbeiten. Die Fläche im Untergeschoss wird
sehr klein gehalten und vom restlichen Geschoss brandabschnittsbildend abgetrennt. Die Materialisierung dieses Bereichs wird einem vertikalen Fluchtweg gleichgesetzt, sodass das Risiko durch die minimale Überschreitung nicht explizit erhöht wird und die Schutzziele nach wie vor eingehalten werden, ohne dass weitere kompensatorische Massnahmen getroffen werden müssen. Eine zusätzlich brandfallgesteuerte Abtrennung zum Untergeschoss könnte eine optionale Lösung sein, dass die gemessene Höhe korrigiert werden kann.
Aufgrund der Geschossflächen (> 900 m2) und der Fluchtweglängen werden die Geschosse über zwei vertikale Fluchtwege erschlossen und bis ins Freie geführt.
Die Büro- und Gewerbenutzung erlaubt eine räumliche Zusammenlegung zu Nutzungseinheiten und so kann eine reduzierte Brandabschnittsbildung erfolgen. Innerhalb der Nutzungseinheit wird gewährleistet, dass die Raumabfolge eingehalten wird, da der Weg maximal über einen angrenzenden Raum zum vertikalen Fluchtweg führt.