Konzept
Städtebau
Das Verwaltungsgebäude, das künftig die Landesbibliothek beherbergen wird, prägt seit den 70er Jahren das Bild im Ortskern Vaduz. Es ist ein Produkt seiner Zeit und damit ein wichtiger baulicher Zeitzeuge in Liechtenstein. Selbstbewusst überragt es seine Umgebung. Die städtebauliche Geste ist durch die Volumetrie aus zwei, l-förmig angeordneten, und voneinander losgelösten Volumen deutlich lesbar. Das Gebäude prägt sowohl die tiefergelegene Äulestrasse als auch die räumliche Verbindung zum Städtle. Der städtleseitige Platz ist in seinen
Dimensionen grosszügig geplant. Leider wird er heute durch die Erschliessung aus der Parkebene und den platzgreifenden Kunstwerken etwas verunklärt. Auch ist die Erschliessung zum Gebäude durch kleinteilige Stufensituationen unbefriedigend gelöst. Das Gebäude verlangt in seiner grossen Volumetrie grosszügigen Umraum.
Bereinigung
Das kleinere eingeschobene Volumen (Briefmarkenoffice) Richtung Städtle wird zugunsten einer städtebaulichen Lesbarkeit entfernt. Diese Massnahme ermöglicht einen grosszügigen Zugang zur neuen Bibliothek, der sich beim ehemaligen Postgebäude befindet. Der bisherige Eingang ins Verwaltungsgebäude dient als Sekundäreingang für die Büros und dem Veranstaltungsraum im Attikageschoss. Die grosse Skulptur von Georg Malin bekommt ihren Platz auf dem freigewordenen Sockel. Die neu gewonnene Öffnung in nord-süd Richtung ergibt eine eindeutige Erschliessung und Orientierung über den freieren Platz. Die Stufen zum Niveauausgleich werden entlang des Städtles begradigt, was den Platz beruhigt. Das ehemalige, runde Wasserbecken von Landschaftsarchitekt Ernst Cramer wird an der gleichen Position wiederbelebt. Gingkobäume, in Anlehnung an die historischen, werden den Platz begrünen. Die Erschliessung zum neuen Haupteingang findet aber nicht nur über den Platz statt. Die Nordseite wird durch eine landschaftliche Stufenanlage ergänzt, so dass die beiden Stassenniveaus attraktiv überwunden werden können und die Nordseite des Gebäudes keine Hinterhoffassade bleibt.
Ein weiterer Gebäudeeingang befindet sich an der Äulestrasse, durch ihn gelangt man in den Empfangsbereich der Bibliothek.
Architektur
Das bestehende Gebäude wird möglichst substanziell erhalten. Neben der Betonstruktur bleibt auch die Alufassade erhalten. Das Gebäude wird nach heutigem Standard gedämmt und aber die Aluverkleidungen werden wiederverwendet. Das kleine Volumen gegen das Städtle wird weggenommen.
Um fehlende Fläche zu kompensieren, wird auf dem Postgebäude ein Volumen aufgestockt. Dies ergibt eine attraktive vertikale und horizontale Verknüpfung der Geschosse und eine luftige, lichtdurchflutete Doppelgeschossigkeit. Die neue vertikale Erschliessung wird so an sinnvollem Ort möglich. Der bestehende Liftschacht Nord kann statisch und funktional erhalten bleiben. Die Aufstockung ist ein Holzbau, der die Fassadeneinteilung und Verkleidung des Bestandes übernimmt. Durch die Aufstockung ist der Bestand deutlich, aber unaufdringlich verändert und als Neunutzung erkennbar, ohne dass die Qualitäten des Bestandes aufgelöst werden.
Umgang mit dem Bestand
Erhalt
Der Bestand soll möglichst integral erhalten bleiben. Um die Ressourcen zu schonen, bleiben Betonstruktur und Fassade integral erhalten. Neue Fenster und entsprechende Wärmedämmung hinter den sehr intakten und langlebigen Aluverkleidungen transportieren dieses 70er Jahr Projekt in die Zukunft. Im Innern wird eine vertikale Erschliessung ergänzt.
Auf die bestehenden Innenwände muss leider wegen der Neunutzung verzichtet werden. Eventuell können sie auf einer Materialbörse angeboten werden, da auch sie in einem guten und originalen Zustand sind.
Organisation
Die «open library» befindet sich im EG, im Zwischengeschoss und 1. OG. Über das Zwischengeschoss werden die Ebenen miteinander verbunden. Im EG sind neben dem Café und dem Kinder-und Jugendbereich, der Empfang und das grosse Foyer. Eine grosszügige Holztreppenanlage ins Zwischengeschoss dient der Erschliessung und dem Verweilen. Sie bietet Sitzmöglichkeiten für Lesungen und andere Veranstaltungen. Die Lounch im Zwischengeschoss lädt zum Verweilen ein und hat Platz für kleinere Veranstaltungen. Der Hochbau wird diagonal in eine Bibliothekshälfte und eine Verwaltungshälfte geteilt. Die öffentlichen Zonen sind südwest-, die Verwaltung nordost gerichtet. In den geforderten Zonen gibt es genügend Platz für ansprechende Möblierung und unterschiedlichen Qualitäten. Polster- und Sitzsackmöbel werden locker verstreut.
Entlang der Fassade befinden sich als durchgehendes Element ein Tisch, das teilweise durch Sitzstufen ergänzt wird. So bieten die Räume in jedem Geschoss vielfältige Möglichkeiten sich in der Bibliothek zu beschäftigen, zu informieren, zu arbeiten oder zu entspannen. Die grösseren Lernräume und der Silentiumbereich sind im 2. Obergeschoss untergebracht. Gegen Oben wird die Benutzung immer weniger öffentlich. Der Veranstaltungsraum befindet sich auf dem Dach, er kann von der Bibliothek aus erschlossen werden oder unabhängig von den Bibliotheksöffnungszeiten über das bestehende Treppenhaus vom Platz aus. Die Attika wird durch einen Holzbau ersetzt.
Nachhaltigkeit
Integraler Erhalt
Der Bestand wird nicht nur als Betonstruktur erhalten, sondern auch die Fassade und somit sein Zeitgeist und seine Ausstrahlung. Die bestehende, eloxierte Alufassade wird gereinigt und wiederverwendet. Somit können wertvolle Ressourcen geschont werden. Gedämmt wird die Fassade mit Holzfaserplatten gemäss heutigem bauökologischen Standard. Durch das «dicker werden» der Fassade, bekommt die Ecke eine besondere Ausprägung. Sie wird als Zeichen der Veränderung als gerundetes Element ausgeführt. Der Sonnenschutz liegt in der äusseren Dämmebene. Die Wahl der Stoffmarkisen ist eine Reminiszenz an den Ursprung des Gebäudes. Die Stoffe geben dem Gebäude sowohl gegen Aussen als auch gegen Innen einen freundlichen und warmen Charakter. Das Tragwerk wird gänzlich belassen und wo nötig verstärkt. Die notwendig neue Erschliessung ist der grösste Eingriff in die Substanz, kann aber als aussteifendes Element mitbenutzt werden. Der Liftschacht Nord wird als Erschliessung weitergenutzt. Die Eingriffe in den Bestand sind gering.
Da so viel Substanz erhalten bleibt sind die Erstellungskosten ökonomisch. Es wird in den Bibliotheksräumen keine Lüftung eingebaut. Die Lüftung erfolgt dort lowtech über eine Fensterfalzlüftung. In den Erschliessungskernen wird die Luft zentral abgezogen. Dies ermöglicht einen ausreichenden Luftwechsel ohne Lüftungsanlage. Die mechanische Lüftung/ Nachtauskühlung erfolgt über öffenbare Fensterflügel. Die Heizkörper werden durch eine Bodenheizung ersetzt. Durch den Neuaufbau des Bodens sind die Fensterbrüstungen als Arbeitsoder Lesetische auf der richtigen Höhe. Der Innenraum wir hell und freundlich ausgestattet. Der Boden wird mit einem robusten Sisalbelag ausgekleidet. Der Eingangsbereich erhält einen pflegeleichten Kautschukbelag. Die Möbel sind aus Holz oder Polster. Zimmerpflanzen gehören mit zum Mobiliar. Die eingebauten Möbel und Regale sind aus einheimischen Holz. Die Neubauteile ist als Holzbau konzipiert. Viel Licht strahlt durch die vielseitigen neuen Befensterungen der Aufstockung in die öffentlichsten Bereiche. Die Galeriesituation lässt die für eine Bibliothek gewünschte Grosszügigkeit entstehen.
Statik
Bestehende Struktur
Die Besichtigung des Baubestandes zeigt, dass keine nennenswerten Schäden sichtbar sind. Ebenfalls ergab die Durchsicht der Planunterlagen, dass sehr modern, mit Verdrängungskörper in den Decken gearbeitet wurde. Lediglich einige Einleitungsbereich dürften den gültigen Normen nicht genügen. Dies zeigte unsere statische Berechnung des aufgehenden Bereiches ab dem Erdgeschoss. Wir haben die Decken aller Obergeschosse – mit und auch ohne – Mitwirkung der umlaufenden Betonbrüstung betrachtet. Entsprechend unserem Architekturkonzept ist aber eine Entfernung der Brüstungen nicht notwendig. Lediglich aufgrund der zusätzlichen Treppe ins 1. Obergeschoss, wird ein kurzer Bereich geöffnet. Der Bestand im Bereich der eingeschossigen Post weist etliche Dachöffnungen auf und auch die wenigen vorhanden Stützen sprechen nicht für eine sinnvolle Weiterverwendung. Dieser Bereich kann entfernt werden und Raum für Neues schaffen.
Eine Eckstütze der Obergeschosse steht zwar gut auf einer Stahlstütze im 1. Untergeschoss, findet aber keine Fortsetzung im 2. Untergeschoss. Hier haben wir ein kurzes Wandstück vorgesehen, die direkt über einer Wandscheibe des 3. Untergeschosses angeordnet wird.
Statische Struktur
Das Erdgeschoss ist möglichst steif an die Untergeschosse einzubinden. Die vorhandene Baustruktur mit den teilweise vorhandenen Zwischendecken, machen das Objekt in statische Hinsicht komplex. Unser Entscheid fiel auf durchgehenden Ortbetonwänden, welche direkt an das Treppenhaus und an dem bestehenden Lift hochgezogen werden. Die Erdbebenbewehrung kann somit auf die gesamte Höhe und ab dem 1. Untergeschoss mittels Schraubbewehrung eingebaut werden.
Ebenfalls wird ein neuer, geplanter Lift für die horizontale Aussteifung der Obergeschosse genutzt werden. Diese Einbindung erfolgt dabei recht gut im bestehenden und etwas grösseren Liftschacht des 1. UG und des Erdgeschosses. Der bestehende Postbereich wird durch einen Holzbau neu ersetzt. Hier wird die neue vertikale Erschliessung vorgesehen und mit einem innenliegenden, offenen Betonbalkon in die Holzstruktur eingebunden. Die horizontale Aussteifung des Holzbaus wird primär über die massive als Scheibe wirkende Dachkonstruktion, mit Einbindung an das Hauptgebäude erreicht. Auf Höhe der Decke wird umlaufend ein Stahlband vorgesehen, um die Knicklänge der Fassadenstützen herabzusetzen. Dieses Band wird jeweils mit der Betonstruktur verbunden.