ZIEL
Minimaler Eingriff – optimale Funktion – einladender Ausdruck
STRATEGIE
- Neuer Inhalt: Bibliothek/Mediathek –> Neue Landesbibliothek
- Umgang mit Bestand: Bestehender Rohbau, neue Hülle
- Neue Funktionalitäten: Innere Abläufe und äussere Personenflüsse
- Nachhaltigkeit: Flexibilität in Nutzung und Materialwahl
ORT/ARCHITEKTUR
Die neue liechtensteinische Landesbibliothek wird als Bibliothek/Mediathek ein Treffpunkt für die Bevölkerung des Ländles, ein Haus des Informationsaustausches und der Kommunikation. Es wird aber auch ein Haus für das stille Lesen und das konzentrierte Arbeiten, ein Haus für die Bevölkerung des Städtles = die Libliothek. Die neue Landesbibliothek ist ein offenes, multifunktionales Gebäude und schlägt durch seine expressive Form eine Brücke zu den anderen wichtigen Gebäuden (Landtag, Schloss, etc.) der Umgebung. Die neuen Nutzungen werden in die Personenflüsse eingeflochten. Somit entsteht eine begehbare Skulptur, welche mit
unterschiedlichen Aussichtspunkten und Aufenthaltsplätzen neue Innen- und Aussenräumen schafft. Durch seine Transparenz und Offenheit lädt die neue Bibliothek, zum Begehen ein und kann dank dem Mehrzwecksaal und dem Ausstellungsbereich auch für externe Veranstaltungen oder Ausstellungen an Künstler vermietet werden.
UMGEBUNG
Die Umgebung wird soweit möglich belassen, damit die Personen- und Verkehrsströme Ihren gewohnten Lauf nehmen können. Der Vorplatz der Bibliothek wird in der Höhe so angepasst, dass er in diesem Bereich als Ausweitung der Städtlestrasse gelesen werden kann und somit die Trennmauer – mit gewissen baulichen Anpassungen im UG – zwischen Vorplatz und Strasse entfernt werden kann. Auf der gesamten Anlage (Platz vor der Bibliothek, Stadtgarten im 1.OG, Lese- und Lerngarten auf der Dachterrasse) sind Pflanzinseln vorgesehen, welche das Mikroklima und die Verschattung positiv beeinflussen. Eine gewisse Offenheit bleibt für Anlässe vor der Bibliothek bestehen. Das Dach ist als extensiv begrüntes Dach vorgesehen.
UMGANG MIT BESTAND / STATISCHES KONZEPT
Das stark gegliederte ehemalige Postgebäude wird bis auf den Rohbau ausgeräumt, neu viel flexibler strukturiert und installiert. Die Struktur ermöglicht es, unter Beibehaltung der bestehenden rückwärtigen Erschliessungsanlagen, sämtliche Nutzungen der neuen Landesbibliothek Liechtenstein unter zu bringen. Den bestehenden Rohbau umschliesst neu eine Hülle in Holz-Metall und auf der Südseite zwischen dem bestehenden Rohbau und der neuen Holz-Metall-Hülle ein Atrium. In diesem Atrium führt die neue Haupterschliessung in die oberen Geschosse, welche dramatische Aussichten in die umliegende Landschaft und ins Städtle bietet. Das Atrium dient gleichzeitig der Querlüftung des gesamten Gebäudes bringt mehr Tageslicht in die Innenräume und unterstützt dadurch das Low-Tech Haustechnikkonzept der neuen Landesbibliothek.
ORGANISATION UND FUNKTIONALITÄT
Die Hauptnutzungen sind in Form von Meeting-Points über das gesamte Gebäude verteilt, sodass das Atrium zu einer attraktiven Erschliessungs- und Erlebniszone wird. Das Erdgeschoss auf dem Niveau des Städtles übernimmt die Funktion eines multifunktionalen Eingangsgeschosses mit Empfang, Lounge, Garderoben und einem Café, welches von aussen direkt zugänglich ist und ohne Bibliotheksbesuch genutzt werden kann. Im ersten Obergeschoss, befinden sich der Mehrzwecksaal und die Ausstellungszone. Der Mehrzwecksaal und die Ausstellungszone sind von aussen direkt über den Stadtgarten, der Äulestrasse und vom Städtle begehbar. Die Bibliothek verfügt ebenfalls über einen direkten Zugang zum Stadtgarten der das Lesen im Freien ermöglicht und Platz für Anlässe bietet. Zugleich ist es ein neuer, öffentlicher, begrünter Park für Vaduz mit Aussicht in die schöne Landschaft und die Innenstadt. In den oberen Geschossen sind entlang der Haupterschliessung bis zum ruhigen Lese- und Lerngarten auf der Dachterrasse, verschiedene lichtdurchflutet und nach Süden orientierte Räume angegliedert.
RAUMVERTEILUNG
1.UG:
Aussen: Zugang von der Äulestrasse, Anlieferung, Veloabstellplätze, direkter Zugang zum Vorplatz im Städtle (EG) und zum Stadtgarten, Lift zum Stadtgarten und zum Mehrzweck- bzw. Veranstaltungsraum (1.OG)
Innen: Lagerräume, Kulturgüterräume, Hausdienst usw.
EG:
Aussen: Zugang zur Bibliothek, Ausgang aus Einstellhalle, Zugang zum Café, Zugänge zum Stadtgarten von Süden und Norden
Innen: Empfang, Lounge, Café mit Bedienung auch der Lounge möglich, Garderobe, Jugendbibliothek, Kinderbibliothek mit Sichtbezug zum Café
1. OG:
Aussen: Dachgarten als Vorzone und direkten Zugang zum Mehrzwecksaal, Lesegarten und Zugang für die Bibliothek
Innen: Veranstaltungsraum mit separatem Eingang wenn gewünscht (bedient auch den Stadtgarten), Teeküche für Catering, Ausstellungsbereich, Bereich Liechtensteiner Publikationen und erwachsenen Belletristik und Personalbüros
2. OG:
Innen: Sachbuchbereich, Bereiche Filme und Hörbücher, Leseplätze im Atrium, Akzessionsraum, Personalbüros, Werkstatt und Zwischenlager
3. OG:
Innen: Freihandmagazine, der Makersplace, Lernplätze und der Aufenthaltsbereich (Küche und Pausenraum) für das Personal
4. OG:
Innen: Lernplätze (Silentiumraum), Leseplätze und die Magazine (als Reservefläche) Aussen: Lesegarten und Arbeitsgarten als Aussenraum für die Arbeitsplätze
MATERIALISIERUNGSKONZEPT
Das Materialisierungskonzept sieht vor, dass die bestehende Struktur zurückbebaut und klar erkennbar als Rohbau+ ausgebildet wird. Die bestehende Betonstruktur und die weiter verwendeten Kerne (Liftschächte und Fluchttreppenhaus) werden saniert und anschliessend lasiert. Die neuen Ausbauten sind als transparente Membranen bzw. als innere Verglasung in Holzrahmen vorgesehen. Sie bilden den Hintergrund für die frischen und farbigen Möblierungen beziehungsweise die Deckensegel und Beleuchtungen. Die Installationen und die Grundbeleuchtung werden zurückhaltend aber offen geführt. Die Bodenbeläge sind druckfest und gegossen damit die beweglichen Regale gut verschoben werden können.
Das Mikroklima bilden neben den bepflanzten Stadt-, Lese- und Lerngärten, interne Bepflanzungen, welche – dank der optimalen Flexibilität der Gebäudestruktur – als freistehende bewegliche Gefässe vorgesehen sind. Der Unterhalt dieser Bepflanzung wird im Abonnementsystem gewährleistet.
Im Gegensatz zur bestehenden Betonstruktur wird die neue primäre Tragstruktur, die das neue Atrium bildet, mit Holzrahmen ausgeführt. Die Gebäudehülle, die als System das Gesamte Gebäude umhüllt ist als «Structural Glazing System» in Holz-Metall mit unterschiedlichen Füllungen (geschlossen und Gedämmt, als Photovoltaikpaneele, als Glaselement mit integrierter Verschattung, Glaselementen mit davor montierten Verschattungspaneelen) und Verschattungssystemen vorgesehen.
Die neue Treppe sowie die Podeste im Atrium sind als vorfabrizierte Holz-Beton-Verbund-Elemente konzipiert und heben sich dadurch als neue Eingriffe von der bestehenden Betonstruktur ab.
GEBÄUDEAUSDRUCK
Für die neue Landesbibliothek Liechtenstein wird ein moderner, unkonventioneller, flexibler, digitaler, jugendlicher, zeitloser Gebäudeausdruck angestrebt, der Passanten und Benutzer dazu animiert das Gebäude zu betreten und zu begehen. Die verpixelte Fassade ist Ausdruck der Weiterentwicklung von einer klassischen Bibliothek zu einer Mediathek, zu einem Haus der Kommunikation und des Austausches. Dieser Austausch wird durch den von aussen erkennbaren Zugang in die Bibliothek, der offenen Erschliessung, sowie dem Café beim Bibliotheksplatz, ersichtlich.
Die Fassade ist eine Komposition zwischen Verglasung mit innenliegenden Verschattungen, Verglasungen mit Streckmetallelementen als offene Buchdeckel, Photovoltaikelementen und geschlossenen Paneelen. Die Komposition dieser vier Fassadenbestandteile berücksichtigt die Orientierung, die Nutzung dahinter, die angestrebte Offenheit und Einsicht sowie eine Ausgewogenheit des Gebäudeausdrucks.
Die künstlerisch gestaltete Hülle zeigt, dass es sich bei der neuen Liechtensteiner Landesbibliothek um ein Gebäude handelt, das im Spannungsfeld zwischen Kultur, Kunst, Low-Tech und Kommerz steht und den Besucher zu einem vielschichtigen Erlebnis einlädt.
FUNKTIONSBEREICHE UND BIBLIOTHEKSEINRICHTUNG
Durch die sehr flexible Gestaltung der Grundrisse sowie der Installationen sind die Funktionsbereiche genau so flexibel zugeordnet und können den sich ändernden und z.T. nicht absehbaren Bedürfnissen laufend angepasst werden.
Damit die Funktionsbereiche so flexibel wie möglich sind, und auch kurzfristig um genutzt werden können, hat sich bewährt, dass die Bibliothekseinrichtungen ebenfalls flexibel (z.B. auf Rollen) sind. So können einfach neue Raumzonen für unterschiedliche Nutzungen geschaffen werden geschaffen werden. Dies könnten z.B. sein:
- Vorträge und kleine Konzerte im Eingangsbereich mit der Lounge als Bühne
- Lesungen inmitten der Bücherregale
- Diskussionen im Ausstellungsbereich
- Openair-Anlässe im Stadtgarten
- Führungen im Kulturgüterschutzraum
- Tanzshows auf der Treppe im Atrium
- usw.
NACHHALTIGKEIT NEUBAU
Der Ersatzneubau erfüllt die Grundbedürfnisse an die aktuellen Anforderungen im Dreieck der Nachhaltigkeit zwischen Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt. Mit dem vorgesehenen Umbau, anstelle eines
Neubaus, wird speziell die CO2-Bilanz gegenüber einem Neubau massiv reduziert. Gleichzeitig wird der Bedarf an Grauer Energie, gegenüber Neubauten, klar minimiert.
Die geplante neue Fassade und Dachfläche erfüllen dabei in mit der speziellen Form und Materialisierung gleich mehrere Funktionen in einem:
- Garantie einer sehr hohen Tageslichtausbeutung in allen Geschossen
- Eine hohe Energiegewinnung durch Sonnenwärme im Winter
- Einen minimierten Energieeintrag im Sommer durch optimierte Glaselemente mit tiefen g-Werten im Verbund mit Verschattungen
- Ein Grossteil der aussenliegenden Verschattungen wird durch PV-Module erreicht, womit die Fassade einen grossen Teil der elektrischen Energie bereitstellen kann.
Bei der Nachhaltigkeit der Gebäudehülle wie auch im Gebäude wird das klare Augenmerk auf den ökologischen Einsatz speziell mit Holzbaustoffen gelegt. Dies betrifft neben der Trag- und Holzkonstruktion für die Fassade auch die noch benötigten statischen Deckenplatten und die Trennbauteile.
Dämmstoffe, Abdichtungsmaterialen und innere Bauteiloberflächen werden durchgehend mit ECO kompatiblen Materialien ausgeführt. Die Graue Energie und Rezyklierbarkeit sind Bestandteil der Anforderungen und sind Grundsatz der baulichen Qualitätsanforderung. Es wird hierbei zur Optimierung des Materialaufwandes auch der interne Schallschutz der Trennbauteile und die raumakustische Auslegung mit den vorgesehenen Aufbauten dahingehend optimiert, dass es möglichst zu keiner Überdimensionierung führt.
LÄRMSCHUTZ
Für das Gebäude gelten keine speziellen Anforderungen an den Lärmschutz, die Immissionen bewegen sich daher auf dem Niveau «klein bis mässig».
ENERGIE/NACHHALTIGKEIT UND GEBÄUDETECHNIK
Nachhaltigkeitskonzept – Netto Null
Liechtenstein verpflichtet sich einer nachhaltigen Bauweise und hat sich zum Ziel gesetzt das Label SNBS Gold oder sogar Platin zu erreichen. Unser Projekt geht weiter: CO2-Netto Null für Erstellung und Betrieb! Damit erfüllen wir mit dem intelligenten Einsatz der lokal vorhandenen Ressourcen alle Anforderungskriterien und gehen einen Schritt weiter, ohne die Kostenziele zu strapazieren. Zudem erfüllen wir nach SNBS alle Kriterien der Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt.
GESELLSCHAFT
Die hohe bestehende Ausnützung der Parzelle mit ihrem bestehenden kompakten Volumen und die gute städtebauliche Einbettung bietet gute Voraussetzungen für die Anforderungen des Nachhaltigkeitsstandards. Der schonende Umgang mit der Umgebung ermöglicht eine hochwertige Aussenraumentwicklung. Die bewusst angeordneten Begegnungszonen wie der Stadtgarten- und die Dachterrasse sowie die belebte Erdgeschossnutzung mit Anbindung an den ÖV, eröffnen starke soziale Individualität für persönliche Begegnungen. Im Innenraum überzeugen die Eingangssituationen mit einer hohen Aufenthaltsqualität und für informelle spontane Gespräche welche so gelegt sind, dass der Personenfluss daran vorbeiführt und fördert so den Austausch und die Integration der Besucher. Dadurch wird die Begegnungsförderung unbewusst gestärkt.
Das Areal und Gebäude ermöglicht eine öffentliche und halböffentliche Innen- und Aussenraumnutzung in Teilbereichen, wie auf dem Stadtgarten 1.OG, auf dem Platz und der grosszügigen Eingangszone. Das Sicherheitsgefühl der Menschen wird durch die räumliche Gestaltung der Wegführung und Beleuchtung gestärkt. Zudem wird das individuelle Wohlbefinden durch schadstofffreie Materialien und ausgewogenen Massebildung über die bestehende Betonstruktur und den Unterlagsboden mit resultierendem gutem sommerlichem Wärmeschutz gefördert.
Das Mobilitätskonzept erfüllt ebenfalls alle Anforderungen. Die ÖV-Güteklasse erfüllt den Standard A. Eine Vielzahl von direkt beim Eingangsbereich integrierten Veloabstellflächen ermöglichen vielen Besuchern sich nachhaltig zu bewegen. Der öffentliche Verkehr kann so gut erreicht werden. Zudem stehen in der Tiefgarage Elektroladestationen mit Ladestromoptimierung zur Verfügung. Dem hindernisfreien Bauen wurde unter Beachtung der Horizontal- und Vertikalerschliessung hohe Aufmerksamkeit gewidmet. Die komplette Umgebung ist barrierefrei mit Liftanlagen und Rampen ausgerüstet und der Zugang zu jeder Etage und deren Nutzung hindernisfrei umgesetzt.
WIRTSCHAFT
Mit den Investitionen wird haushälterisch umgegangen und möglichst viele Synergien genutzt. Die Materialisierung besticht mit dem behutsamen Umgang des gebauten und den eingesetzten natürlichen Materialien, welche wenig graue Energie verbraucht und CO2 bindet. Die konsequente Nutzung von Abbruchmaterialien aus dem Bestand haben zudem ebenfalls einen positiven Einfluss auf die CO2-Bilanz. Die Primärtragstruktur bleibt so weit wie möglich bestehen und wird nur nutzungsbedingt angepasst. Damit wird der Kreislaufwirtschaft hohe Beachtung geschenkt. Die neue Fassadenunterkonstruktion erfolgt in Holzmodulrahmen aus regionalem Holz und integrierten Photovoltaikmodulen ergänzt. Die Kombination der Materialisierung garantiert eine gute Behaglichkeit für die Benutzer, geringen Aufwand an grauer Energie und CO2 Ausstoss in der Produktion der Materialien. Dank offenen und flexiblen Raumkonzepten kann ein weiterer Erhalt der Primärstruktur über die nächsten 80 Jahre ausgegangen werden. Die Systemtrennung in Primär, Sekundär und Tertiär wir konsequent umgesetzt. Es werden keine Einlagen vorgenommen und die Installationen können durchgängig in den bestehenden Schächten installiert, gewartet, erneuert, angepasst oder zurückgebaut werden. Dafür sind für nachträgliche Installationen und Wartungsarbeiten genügend Revisionsöffnungen vorgesehen und Reserveflächen ausgewiesen. Schon bei der Konzeption und Erstellung des Gebäudes wird an den Rückbau gedacht, um die Kreislaufwirtschaft zu schliessen. Die lineare Weiterverwendung wie Tragstrukturen oder Fassadenelemente für die Zirkularwirtschaft und Recycling mit einen geringen Entsorgungsanteil von Baumaterial wird durch konsequente Material- und Systemtrennung ermöglicht. Die Innenräume werden baulich freigespielt und sind dadurch leicht an Nutzeränderungen und neuen Raumstrukturen anpassbar.
Dem Unterhalt werden Möglichkeiten geboten, um effizient arbeiten zu können. Dafür werden die Zentralen soweit möglich an den bestehenden Positionen platziert, um die vertikale Erschliessung direkt zu lösen. Wenn das Rechencenter vor Baubeginn ausgebaut werden könnte, würde dies die künftige Nutzung massiv positiv beeinflussen indem bestehende Parkplätze nicht belegt werden müssen und die Technikflächen verkleinert werden könnten. Zudem würde der Bauprozess vereinfacht und die Kosten gesenkt werden. Dies empfehlen wir zu prüfen.
UMWELT
Für die Erstellung und den Betrieb des Gebäudes erreichen wir mit den folgenden Massnahmen CO2-Netto Null. Der optimierte Baumaterialkonsum und Einsatz von natürlich nachwachsenden Rohstoffen bilden die Basis. Der Einsatz von Holz verhindert den Ausstoss von grauen CO2-Anteilen und bindet zudem CO2. Dennoch generiert die Gebäudeerstellung graue CO2-Menge von 36 Tonnen. Unser Konzept beinhaltet die Aufforstung von über 1’000 m2 Mischwald mit Edelhölzern, welche über die 80 Jahre Lebensdauer des Gebäudes sämtliche grauen CO2- Bestandteile wieder aus der Atmosphäre bindet. In Randregionen stehen aufforstbare Flächen zur verfügbar. Das Gebäude produziert mit der Photovoltaikanlage mehr als die Hälfte des Elektroenergiebedarfs welches über das Jahr verbraucht.
Der maximale Einsatz von regionaler vorhandener Abwärme (KVA) mit einem geringen Anteil an Exergie, welche ebenfalls über die lokale PV-Anlage erzeugt wird, senkt den Treibhausgasausstoss. Die Fensterflächen sind bezüglich der Grösse und den physikalischen Werten mit dynamischen Simulationen optimiert. Das Resultat sind Fensterflächen welche im Bereich von ca. 50% zur Fassadenfläche zu liegen kommen. Damit wird der Zielkonflikt der Tageslichtnutzung, Energieeintrag und sommerlichen Wärmeschutz möglichst gut und ausgewogen erfüllt. Die aussenliegenden Verschattungselemente sind transluzent und ermöglichen eine Tageslichtnutzung und halten dennoch den überschüssigen solaren Gebäudeeintrag ab. Dies und der Eintrag von Kälteenergie aus der Umwelt sorgen für einen guten sommerlichen Wärmeschutz. Eine Nachtauskühlung mittels Querlüftung über das neue Treppenhaus ermöglicht diesen Prozess. Die parkartige Umgebung und der Dachstadtgärten fördert die heimische Flora und Fauna und schöpft das natürliche Potential aus. Zudem generiert dies gleichzeitig eine Ausgleichs- und Erholungszone für die Besucher und die Öffentlichkeit. Das städtische Mikroklima wird ebenfalls positiv durch die kühlende Wirkung der ausgedehnten Bepflanzung beeinflusst.
Smartes Energiekonzept und Low-Tech pur
Das Gebäude der Landesbibliothek in Vaduz verfügt über ein hohes Areal-Energiestrategie-Potential, welches erkannt und genutzt werden muss. Mit unserem integralen Ansatz kann das Areal mit CO2-Netto Null und lokal erzeugter Energie versorgt werden und damit zur Dekarbonisierung mithelfen. Das Fürstentum Liechtenstein kann somit ihrer Verantwortung und Vorbildfunktion gerecht werden. Zudem werden dank Synergienutzung die Investitionen gesenkt und optimal eingesetzt. Sprich, so wenig Technik wie möglich, so viel wie nötig und das mit bewährten Systemen.
Nun konkret zum Lösungsansatz (siehe auch Konzeptschemata). Das Gebäude wird grundsätzlich nicht belüftet, ausser der Kulturgüterschutzraum, Garderoben, WC-Anlagen und Mehrzwecksaal mit hoher Personenbelegung. Die KVA wird als Wärmequelle mit ihrer Abwärme genutzt und das Gebäude über eine Niedertemperatur Fussbodenheizung beheizt. Aus unserer Erfahrung kann für diese Nutzung weitgehend auf das Brauchwarmwasser verzichtet werden, ausser in Garderoben, Putzräumen und Reinigungsstellen. Resultierend kann die Investition zielgerichtet und reduziert auf kleine Brauchwarmwassererzeugereinheiten eingesetzt werden. Zur Deckung des Strombedarf wird lokale hochwertige Energie mittels den Photovoltaikanlagen (PV) erzeugt. Es wird bewusst auf thermische Kollektoren verzichtet, da aus einer kWh PV-Strom vier kWh Wärme erzeugt wird und dadurch die Gesamtenergieausnützung PV pro m² investierten Franken viel höher sind als mit thermischen Kollektoren. Der erzeugte Strom wird mittels Lastmanagement und optimal abgestimmten Kurz- und Langzeitspeicher (Lithium Ionenbatterie kombiniert mit Salzwasserbatterie) über das gesamte Areal optimal verbrauchsabhängig verteilt. Das gesammelte Regenwasser wird zur Toilettenspülung, Umgebungs- und Pflanzenbewässerung im Innen- wie Aussenbereich wiederverwendet. Zum andern dient das Innenraum- Bepflanzungskonzept mit automatischer Bewässerung dazu, die notwendige Raumfeuchte zu generieren und das daraus resultierende Wohlbefinden.
Flexibles Installationskonzept
Das gesamte Gebäudetechnikkonzept folgt einer konsequenten Logik und ist auf maximale Flexibilität ausgelegt. Die zentralen bestehenden Steigzonen stellen die Versorgung der Nutzflächen mit den notwendigen HLKSE- Medien sicher und erlauben einen flexiblen Ausbau der Nutzflächen. Die Lüftungstechnikzentralen sind direkt an den zentrale Steigzonen angeschlossen und ermöglichen kurze Versorgungswege. Im Untergeschoss befindet sich die Energiezentrale, welche über eine dezentrale KVA-Unterstation die Wärmeversorgung sicherstellt. Die neu eingebaute Fussbodenheizung verteilt die Energie in die Räume, welche eine angenehme Strahlungsasymetrie erzeugt. Damit kann langfristig auf die individuelle Anpassung der Nutzung reagiert werden.
TRAGWERKSBESCHRIEB
Für den Umbau des Gebäudes wird auf grössere Eingriffe in die Tragstruktur verzichtet und die bestehende Bausubstanz überwiegend beibehalten. Der bestehende 5-geschossige Massivbau in Stahlbeton bildet hierbei das Haupttragwerk, welches mit einem neuen, mehrgeschossigen Atrium in Holzbauweise erweitert wird.
Für die Umnutzung des Gebäudes werden lokale Bereiche des Massivbaus angepasst. Dazu werden statisch nicht erforderliche Stahlbetonwände entfernt, örtliche Deckenbereiche geöffnet und Verstärkungsmassnahmen in Form von Überzügen ergänzt. Der vertikale Lastabtrag erfolgt über die bestehenden Kerne und Stützen. Falls erforderlich, werden diese zur Aufnahme der vertikalen Lasten verstärkt. Um die vorhandenen Erdbebenertüchtigungen entfernen zu können und den Bestand zusätzlich horizontal auszusteifen, wird ein weiterer Stahlbetonkern mit Wandstärken von ca. 25 cm bis ins 2.OG vorgesehen. Ausserdem wird ein Teil der bestehenden Kernwände auf der Aussenseite um ca. 15 cm aufgedickt. Auf diese Art befindet sich das Steifigkeitszentrum näherungsweise mit dem Massezentrum geometrisch an demselben Ort.
Das mehrgeschossige Atrium ist als leichte Holzkonstruktion in Baubuche vorgesehen. Die Primärstruktur wird durch vertikale, zweifach geknickte Brettschichtholzträger mit Abmessungen von 60 cm x 22 cm in einem Abstand von ca. 5.5 m ausgebildet, welche vom EG bzw. 1.OG bis zum Dach spannen. Als Sekundärstruktur werden horizontale Träger von 20 cm x 40 cm angeordnet, welche zur Befestigung der Fassadenstruktur und seitlichen Knicksicherung der vertikalen Träger dienen. Zwischen dem Massivbau und den vertikalen Fassadenträgern halten Stahlträger (HEM300 Profile) die Träger senkrecht zur Fassadenebene und dienen gleichzeitig als Auflager der Treppenläufe. Die Aussteifung der Holzkonstruktion erfolgt über das Dach, welches als schubstarre Scheibe ausgebildet wird und die Horizontallasten aus Wind und Erdbeben in die Stahlbetonkerne einleitet. Der konstruktive Brandschutz wird durch eine geeignete Materialwahl sichergestellt. Für linear tragende Bauteile in Innenräumen ist Baubuche als Baustoffe der RF3 zulässig. Sollten dennoch Baustoffe der RF2 gefordert werden, ist eine Verkleidung der Holzstruktur mit Eichenholz denkbar, welches die Kriterien für RF2 erfüllt.
Die Gründung erfolgt über den bestehenden steifen Kellerkasten und die Pfahlfundation. Die neue Tragstruktur erlaubt eine weiterhin gleichmässige Verteilung der Vertikallasten auf die Bestandsstruktur. Allfällige grössere lokale Lasten aus höheren Nutzlasten können aufgrund der steifen Konstruktion durch Lastumlagerungen und allfälligen Traglastreserven in der Gründung aufgenommen werden.
ERTÜCHTIGUNGSMASSNAHMEN
Vertikaler Lastabtrag und horizontale Aussteifung (Erdbeben)
Durch die Umnutzung des Gebäudes zu einer Bibliothek sind lokal höhere Lasten im Vergleich zur aktuellen Nutzung zu erwarten. Um die Tragsicherheit der Bauteile für die Vertikallasten zu gewährleisten, können allfällige Wände und Stützen deren Tragreserven überschritten werden, wie in den nachfolgenden Prinzipschemen (siehe Abbildung 4 und Abbildung 5) gezeigt, verstärkt werden.
Durch den Rückbau der Erdbebenertüchtigungen (Zugstangen in den Kernen) und des ehemaligen Postlifts wird die horizontale Aussteifung des Massivbaus reduziert. Um die Erdbebennachweise gemäss SIA 261 2020 dennoch einhalten zu können, wird ein zusätzlicher Kern bis zur Decke über OG01 vorgesehen. Durch diesen Kern wird die Problematik der exzentrisch angeordneten Kerne in den Obergeschossen deutlich verbessert (siehe Abbildung 3). Zusätzlich werden bestehende Kernwände durch Wandaufdickungen verstärkt, um die horizontale Steifigkeit zu erhöhen und die ungenügend vorhandene Wandbewehrung zu ergänzen. Durch diese Ertüchtigungsmassnahmen kann die horizontale Steifigkeit des Gebäudes ausreichend erhöht werden, um die Tragsicherheit des Gebäudes im Erdbebenfall zu gewährleisten.