PROJEKTWETTBEWERB

LIECHTENSTEINISCHE

LANDESBIBLIOTHEK

PROJEKT-NR. 11

Buechstabe

Architektur:
OX2architekten gmbh
Kupferstrasse 13
D-52070 Aachen

Tragwerksplanung:
knippershelbig Gmbh
Tübinger Strasse 12-16
D-70178 Stuttgart

Eine Moderne Bibliothek in einem Gebäude aus den 70-ern das bis jetzt als Post- und Verwaltungsgebäude gut gedient hat. Vor dem Hintergrund der Ressourcen Knappheit eine richtige Entscheidung das bereits schon einmal verbaute Material mitzubenutzen und einer neuen Verwendung zu überführen.

Die Herausforderung liegt an der Transformation des Gebäudecharakters. Die zentrale Lage des Post- und Verwaltungsgebäudes in Vaduz hat, was die Erreichbarkeit und die städtebauliche Bedeutung angeht, die perfekte Voraussetzungen mitgebracht.

Das neue Bibliotheksgebäude nutzt den zentralen Standort inmitten des Fürstentums und das Betonskelett des Postgebäudes – und erzählt trotzdem eine eigene, neue Geschichte für die Menschen in Liechtenstein und ihre Gäste aus der ganzen Welt. Wie ein aufgeklapptes Buch, berichten die zwei, entfernt an papierene Buchdeckel erinnernden, multifunktionalen Fassaden-Schichten, von der Lust am Lesen und Stöbern, der Begeisterung am Forschen und Lernen, der Neugierde auf Erkenntnis und der Freude am Wissen.

Wie Bienenwaben finden in der Tiefe der Fassade „Alkoven“ Platz, in denen entspannt gelesen, gemeinsam gelernt, ungestört geforscht, aber auch sich zufällig begegnet und ausgetauscht werden kann.

Akustisch abgeschlossene Kabinen wechseln sich mit offenen Lesekojen, Schreibtischnischen, digitalen Arbeitsplätzen, Game- oder Lausch-Launches ab.

Einige sind mit bequemen Fauteuils ausgestattet, wo auch ein Nickerchen gemacht werden kann.

Der Aufbau der Fassade bietet Schutz und zugleich die Möglichkeit der gegenseitigen Wahrnehmung. Von aussen wird man die Nutzung in den Alkoven durch den semi-transparenten „LESE-Stoff“ ahnen können. Von Innen aus wird man an dem Geschehen am Ort teilnehmen.

Die äussere Erschliessung respektiert die vorhandenen Wegeverbindungen vor Ort. Der Haupteingang vom Städtle erfolgt von einem grosszügigen Vorplatz. Seine Erweiterung bildet eine Aussensitztreppe auf den Hochplatz am 1. OG. Dort ist ein Treffpunkt unter schattigem Grün für die Menschen, die in der Landesbibliothek arbeiten, diese besuchen oder einfach am Ort verweilen wollen. Während der

„open libary“ können alle Interessierten die gesamte Anlage sowohl im EG wie 1. OG, innen wie aussen besuchen und benutzen. Je nach Wetter, können die Aussen- oder die Innensitztreppen für verschiedenen Aktivitäten genutzt werden.

Das Prinzip der Organisation des Gebäudes erschließt sich selbsterklärend nach Betreten der Eingangshalle im EG (vom Städtle); nach links führt die großzügige „MEDIEN-Treppe“ über drei Geschosse der öffentlich zugänglichen Bibliotheksbereiche empor. Sie bietet bequeme Möglichkeiten zu verweilen, regt Interesse durch Exponate und besondere Themenpräsentationen, weckt Neugierde auf spontane Begegnung mit dem Neuen und schafft Raum für Begegnung. Mobile Regale, die passend zur Geometrie der Sitzstufen an verschieden Orten flexibel aufgestellt werden können verstärken den reizvollen Eindruck, mit dem ersten Schritt in das Gebäude, bereits in eine anregende, vielfältige Medien-Welt gelangt zu sein.

An der „MEDIEN-Treppe“ vorbei geht es zu der Kinderbibliothek und zu der hinter der „MEDIEN-Treppe“ befindlichen Ausstellung.

Rechts vom Eingang liegt der Teil der Eingangshalle, der auch ausserhalb der Öffnungszeiten der Bibliothek zugänglich ist. Von dort wird sowohl der Veranstaltungsraum auf dem Dach des Gebäudes über die Aufzüge und die Fluchttreppen erschlossen, wie auch das Café im Erdgeschoss. Das Bibliotheks- Café hat nach Osten und Süden einen attraktiven Aussenbereich auf dem Vorplatz

Gleichzeitig kann die Verbindung zur Postgasse auf der Nordseite, die an den alten Durchgang erinnert, genutzt werden.

Neu ist der Zugang von der Äulerstrasse. Direkt in der Nähe der Bushaltestellen können die Besucher das Gebäude betreten. Der Blick auf die „MEDIEN-Treppe“ mit zahlreichen Büchern und Publikationen ist vertraut und ein zweites Markenzeichen der neuen Bibliothek. Über eine Rampe werden knapp 90cm Höhe bequem und barrierefrei überwunden.

Am Eingang bieten zwei Sitzbänke die Möglichkeit, für einen Moment die untergehende Sonne zu geniessen. Der Platz zwischen Brücke und Postgass verwandelt diesen Abschnitt der Äulestrasse in einen Shared-Space, den alle Arten von Mobilität gleichberechtigt teilen. Zusätzliche Bepflanzung sorgt für Schatten und hilft die Geschwindigkeit zu reduzieren.

GESTALTUNGSKONZEPT

Materialien

Die Materialien des Gebäudes beschränken sich im wesentlichen gestalterisch (und konstruktiv) auf den Einsatz folgender Stoffe:

Holz
Die Tragstruktur der Fassade besteht aus einem hellem Brettschichtholz. Die Neue Decken bestehen aus einem Holz-Beton-Verbund, um ausreichend Speichermasse zu garantieren. Bohlen werden als Belag für die angehobenen Decks und auf den Terrassen verwendet werden.

Im Kontrast dazu stehen lichtspendende, grosszügig verglaste Teile der Fassaden als Pfosten- Riegelkonstruktion in einem Holz-Aluminium-Verbund vor dem im Süden und Norden großflächig gespannte Stofffassaden in den oberen Geschossen Gestaltprägend angeordnet sind.

Textil
Basis der vorgehängten, hinterlüfteten Fassade bilden die Keder- und Spannprofile, in die ein silikonbeschichtetes Glasfasergewebe eingespannt wird. Geeignet hierzu ist das extrem langlebige‚ Valmiera-Atex 800-Gewebe‘ mit schmutzabweisender Beschichtung, UV-Beständigkeit und Brandschutzklasse B1. Es dient damit sowohl dem Sonnenschutz, wie auch der Schaffung von Privatsphäre. Dahinter befindet sich die Fensterfront. Die rückliegende Fläche ist in hellen Tönen gehalten. Die Fassade bietet einen optimalen Wärmeschutz bei einmaliger Leichtigkeit. Die Zu- und Abluft des Gebäudes können aufgrund der Porosität des Gewebes unauffällig in den Hinterlüftungs-Zwischenraum der Fassade platziert werden. Durch eine zusätzlich installierte LED-Beleuchtung hinter der Textilebene erhält das Gebäude aufgrund der Transparenz des Gewebes in den Abendstunden eine prägnante Optik.

Bis zu zehn Meter hohe Keder- und Spannprofile nehmen das Gewebe auf. Federn und Schraubschlösser in den Spannprofilen gleichen die Längenänderungen der Konstruktion bei Temperaturschwankungen aus, sodass die Membran gleichmäßig gespannt bleibt.

Die Restlichen Teile der Fassaden werden aus den Recyceltem Aluminium-Platten des Postgebäudes konzipiert.

Die Wiederverwendung des Fassadenmaterials (eloxiertes Aluminium) ist auf Grund der ausreichenden Mengen möglich.

Das neue Gebäude braucht insgesamt für alle „Lamellenfassaden“ 900qm Material.

Die Bestandsfassade als „Urbane-Miene“ liefern 1.029qm wiederverwendbares Material. Die Fläche von 1.029qm ist nur unter Einbeziehung der großen Tafeln in der verwendbaren breite von 1,25m und in verschieden Längen siehe die Tabelle ermittelt worden. Die meisten davon sind 1,42 lang.

Das bedeutet, dass selbst bei einem 10% Verschnitt das gestalterische Konzept umgesetzt werden kann.

Gedacht ist daran die breite von 1,25m zu drei Teilen längst zu zerschneiden. Die knapp 41cm breiten Streifen zu kanten. Bei einer Katen-tiefe von 6cm sind daraus knapp 30cm breite und unterschiedlich lange (0,75cm, 098cm 1,42cm und 2,77cm) Paneele zu gewinnen. Die unterschiedlichen Längen werden im Bild der Fassade dafür genutzt ein unregelmässiges, versetztes „Spiel“ bei den vertikalen Fugen zu erzeugen. Das prägende Bild der Fassade bleiben die auf 15cm Abstand gesetzten horizontalen Bänder, die teilweise vor einer geschlossenen und gedämmten Wand und teilweise als Sicht- und Sonnenschutz vor einer Verglasten Fassade verlaufen.

Tragwerk

Fassade
Aufgrund der Nutzungsänderung und neuen Anforderungen sind Anpassungen an das Tragwerk erforderlich. Die wesentlichen Änderungen betreffen die Fassaden- unterkonstruktion sowie das Aussteifungssystem. Neue Deckenöffnungen werden geplant, um u.a. zusätzliche Treppen einbauen zu können.Die geneigten Nord- und Südfassaden prägen als markante gestaltgebende Elemente das Erscheinungsbild der Landesbibliothek.

Die selbsttragenden Konstruktionen sind so konzipiert, dass durch einen von den Deckenkanten entkoppelten vertikalen Lastabtrag in der Gebäudehülle angeordnete Funktionsbereiche ermöglicht werden, ohne die auskragenden Deckenkanten des Bestands zusätzlich zu belasten.

Die um circa 20° zum Bauwerksinneren geneigten Fassadentragwerke sind zwischen dem oberen Dachrand und der Ebene 4.OG als Fachwerkträger ausgebildet, an den die bis ins 2.OG durchlaufenden Fassadensegmente angehängt sind. Das Fachwerk, gebildet aus Vertikalen im Abstand von circa 2,75 m, dem Obergurt in Dachebene und Untergurt in der Ebene 4.OG spannt als Durchlaufträger über jeweils zwischen den Auflagerpunkten an den Stützen des Primärtragwerks und ist an die Deckenkante in Ebene 4.OG angelehnt.

Die symmetrisch auftretenden Horizontalanteile der Abtriebskräfte der beiden Fassadenebenen werden über horizontale Koppelstäbe über den Vertikalauflagern und über die Decke im 4.OG kurzgeschlossen. Die vertikalen Fachwerkpfosten sind als rechteckförmige Binder aus Baubuche (ca. 40/80cm) konzipiert. Die durchlaufenden Ober- und Untergurte sind als Stahlrundrohre (ca. d=300mm) ausgeführt. Über eine Diagonalauskreuzung aus offenen Spiralseilen aus nichtrostendem Stahl (ca. d=25mm) wird die Fachwerktragwirkung aktiviert.

Unterhalb der Deckenebene 4.OG sind parallel angeordnete geneigte Lamellen im Abstand von circa 1,75m aus Baubuche (ca. 25/60) an den Fachwerkträger angehängt und stützen sich über horizontale Pendelstäbe an den Deckenkanten ab.

Im Abstand von 1,5m nach außen versetzt verlaufen parallel angeordnete Holzlamellen im Abstand von 1,375 m bilden die Unterkonstruktion für die geschuppte Glasfassade.

Gebäudeaussteifung
Zwecks Brandschutzanforderungen und zur Erhöhung der Erdbebensicherheit werden ein zusätzlicher Kern in Achse 5 sowie zusätzliche Wände vorgesehen. Wie auf   der   Darstellung   zu   erkennen   ist, stehen nach den Ertüchtigungsmaßnahmendeutlich mehr Aussteifungselemente zur Verfügung. Die horizontale Stabilität des Gebäudes wird somit auf ein zuverlässiges Niveau gebracht.

Nachhaltigkeit

ENERGIE – RAUMKLIMA – TECHNIK

Nachhaltigkeit und Nullenergiekonzept
Ziel ist es ein Gebäude zu errichten, welches in einer Jahresbilanz keine Energie benötigt. Dies wird u.A. in Verbindung mit solarer Energiegewinnung und passiver Kühlung erreicht.

  • Niedrige Transmissionsverluste durch kompakte Bauweise und sehr guten Wärmeschutz
  • Gutes Raumklima im Sommer durch niedrige Strahlungseinträge und umfangreiche Nachtauskühlung
  • Hohe Luftqualität durch weitreichende natürliche Lüftung in Kombination mit optionaler dezentraler, mechanischer Lüftung
  • Einfaches Technikkonzept mit geringen Investitions- und Wartungskosten
  • Photovoltaikanlage auf der Stoffassade im Süden für die Wärmepumpe, Beleuchtung und Hilfsenergie

Die in Bezug auf Wärmeschutz, Strahlungseintrag und Tageslichtnutzung optimierten Fassaden bilden die Basis für einen niedrigen Energiebedarf bei gutem Raumklima.

  • Opake Flächen mit 25 cm Wärmedämmung U =0,15 W/m2K
  • 3-Scheiben Wärmeschutzverglasung U =0,7 W/m2K
  • Optimaler Fensterflächenanteil max. 60 %
  • Weitreichende Tagesbelichtung
  • Außenliegende, vertikale Textilbahnen zur Verschattung der Fassaden
  • Innenliegender Sonnen- / Blendschutz Lüftung

Das Konzept ermöglicht eine weitreichende, natürliche Lüftung im Sommer und in der Übergangszeit. Im Winter ermöglicht die dezentrale mechanische Lüftung eine Wärmerückgewinnung und bietet eine weitreichende Behaglichkeit.

Natürliche Lüftung:

  • Geschützte Ausstellflügel hinter Textil-Elementen
  • Behagliche Zuluftführung im Brüstungsbereich
  • Dezentrale fassadenintegrierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung
  • Keine Beeinträchtigung der Luftqualität in den Kanälen
  • Bedarfsgerechte Regelbarkeit

Raumkkonditionierung mit geringen Vorlauftemperaturen:

  • Fußbodenheizung in allen Bereichen
  • Im Sommer Grundkühlung über den Fußboden
  • Umfangreiche freiliegende Speichermassen
  • Nachtauskühlung der über geschützte Öffnungen

Das Konzept ermöglicht eine Gebäudesanierung nach höchsten Nachhaltigkeitsstandards.